Bryan Ferry: Mamouna – Re-Issue

Bryan Ferry Tour Photo 2015 Simon Emmett

Der Stapel mit Wiederveröffentlichungen zum Weihnachtsgeschäft wächst täglich. Auch „Mamouna“ von Bryan Ferry. Eine lohnenswerte Anschaffung?

von Werner Herpell

Es gibt Alben, denen hört man jedes GB-Pfund und jeden US-Dollar an. Jedes Gitarrenlick, jeder Basslauf, jeder Schlagzeugbreak muss ein Heidengeld gekostet haben, denkt man beim Blick auf eine besonders prominente Musiker-Besetzungsliste. Und man denkt es erst recht, wenn man den erlesenen Sound hört, mit dem die Platte auftrumpft. „Mamouna“ von Bryan Ferry gehörte definitiv zu diesen teuren, etwas protzigen HiFi-Referenzalben – schon vor jedem Remastering. Jetzt liegt dieses vor fast 30 Jahren erschienene Solo-Großwerk des Sängers als Re-Issue mit zusätzlichen Kaufanreizen vor.

Ferrys neuntes Studioalbum – revisited

Bryan Ferry Mamouna Cover

Es geht um das

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neunte Soloalbum von Bryan Ferry, dessen Karriere – neben seinem Frontmann-Job bei den Artpop-Avantgardisten Roxy Music – mit „These Foolish Things“ von 1973 (also vor einer halben Dekade) begann. „Mamouna“ wurde 1994 veröffentlicht, die Deluxe-Editionen auf Dreifach-CD und Doppel-Vinyl feiern nun das bevorstehende 30-Jahre-Jubiläum der Platte – und warten mit einer Überraschung auf: Beigelegt ist eine zweite, zuvor unveröffentlichte Ferry-Studioplatte mit dem Titel „Horoscope“. (In der schicken Silberling-Luxusausgabe kommt noch eine vor allem für Komplettisten interessante dritte CD „Sketches“ mit frühen, reduzierten Song-Versionen, instrumentalen Raritäten und Keyboard-Outtakes hinzu.)

Soviel zu den technischen Details dieser aufwendigen Veröffentlichung, die natürlich aufs Weihnachtsgeschäft zielt, aber für Fans und Musikkenner tatsächlich noch einigen Mehrwert zu bieten hat. Zwar ist „Horoscope“ kein echtes „lost album“, weil es nicht nur aus gänzlich unbekannten Stücken besteht. Aber es ist dennoch spannend, anhand dieser sieben Tracks (plus eine fantastische neuneinhalbminütige Neueinspielung von Roxy Musics „Mother Of Pearl“) den Weg zum letztlich dann veröffentlichten Album „Mamouna“ nachzuvollziehen. 

Von „Horoscope“ über „Taxi“ zu „Mamouna“

Dessen Geschichte begann bereits, nachdem Ferry seine Welttournee 1988/89 abgeschlossen hatte. Der begnadete Pop-Sänger startete umgehend mit neuen Songs unter dem Projekttitel „Horoscope“. Diese Arbeit wurde 1992 unterbrochen, weil er sich nun mit dem Cover-Album „Taxi“ (1993) befasste. 1994 kehrte Ferry zum „Horoscope“-Projekt zurück, fügte einige neue Songs hinzu und brachte die 10-Track-Sammlung als „Mamouna“ heraus. Es gibt also Überschneidungen zwischen Ausgangs- und Endprodukt: So tauchen „The Only Face“, „Desdemona“/“N.Y.C.“ und „Gemini Moon“ in beiden Tracklists auf.

Zwar wurde „Mamouna“ seinerzeit von einigen Kritikern gelobt, etwa im „Rolling Stone“. Doch heute wird das Album nicht zu Bryan Ferrys stärksten gezählt – die meist sehr vertrauenswürdige Website „Allmusic“ etwa hörte „some of Ferry’s least compelling songs in a while“ und nannte die Platte abschließend „pleasant without being involving“. Dass der britische Gentleman-Musiker in den 80er/90er Jahren gelegentlich zum Produktions-Overkill neigte, ist bekannt, und insofern lässt sich auch die Einschätzung nachvollziehen, dass die „Horoscope“/“Mamouna“-Tracks arg gediegen und wenig inspirierend klingen.

Bryan Ferry mit Super-Band – und Brian Eno

Dennoch ergibt dieses erlesene Sophisticated-Pop-Projekt von Anfang/Mitte der grunge-orientierten 90er Sinn, wenn man sich als Hörer einfach dem funkigen Sog der unfassbar gut produzierten, hypnotisch im Midtempo groovenden Platte(n) hingibt. Und die wunderbaren Gesangs- beziehungsweise Instrumentalleistungen auf allen Tracks faszinieren durchaus.

Kein Wunder bei dieser (wie oben erwähnt sicher enorm teuren) Bandbesetzung der verschiedenen Londoner Studio-Sessions – bitte festhalten: Nile Rodgers (Chic), Robin Trower (Procol Harum) und Phil Manzanera (Roxy Music) an den Gitarren; Nathan East, Guy Pratt und Pino Balladino als Bass-Männer; Steve Ferrone und Andy Newmark an den Drums; Maceo Parker am Saxofon; Carleen Anderson (Young Disciples, Incognito) und Ronnie Spector (The Ronettes)  als Background-Sängerinnen – um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Für die „sound treatments“ sorgte auf „Mamouna“ ein gewisser Herr Eno, der auch am Song „Wildcat Days“ mitschrieb. Es war die erste Zusammenarbeit des Keyboard-Zauberers mit Ferry seit dem Abschied von Roxy Music 20 Jahre davor. Bryan und Brian – eine wieder mal magische Kombination.

Das Album „Mamouna“ von Bryan Ferry erscheint als erweitertes Re-Issue am 17.11.2023 bei BMG. Es ist als 3-CD-Luxusedition („Mamouna“, „Horoscope“, „Sketches“) und als Doppel-Vinyl („Mamouna“, „Horoscope“) erhältlich. (Beitragsbild von Simon Emmett)

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